Jes 9,1-6
und 
Lk 2,1-20

Christmette 2001

Sanftmut statt Gewalt

Weihnachten, Heilige Nacht. Ein Fest der Freude, der Großzügigkeit, des Friedens und der Hoffnung. Friede auf Erden bei den Menschen seiner Gnade hieß es am Schluss des heutigen Evangeliums. Ganz still und leise tritt der Allmächtige Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde in sein Dasein als Mensch. Gott hat für sein Kommen keine breit angelegte Werbekampagne gestartet und hat sich für sein „zur Welt kommen" auch keinen sehr repräsentativen Ort ausgesucht. Und doch wurde er von den Propheten erwartet als Retter, als einer der mit dem Unrecht Schluss macht, als einer, der mit Klugheit und Weisheit die Menschen auf neue Wege bringt. Schon dem Propheten Jesaja war bewusst, dass eine nachhaltige Veränderung der Welt hin zum Guten sich nicht mit Gewalt erreichen lässt. Er legt die Herrschaft der neuen Gesellschaftsordnung auf die Schultern eines Kindes. Jesaja hat genug von der Herrschaft der Mächtigen. Er hat in seinem Leben nur Vernichtung, Ausbeutung, Gefangenschaft und Krieg kennen gelernt. Auf diesem Hintergrund ist seine Sehnsucht verständlich. Nun erhofft er Frieden für immer, Gerechtigkeit für alle, ein Ende der Sklaverei und der Ausbeutung. Der Prophet Jesaja hat vor ungefähr 2700 Jahren gelebt. Inzwischen ist dieses ersehnte Kind, dieser Retter, dieser Friedensbringer in unsere Welt getreten. Dass die Mächtigen zur Zeit Jesu nicht einverstanden waren mit dieser Art von Politik, die Jesus verkündete, können wir sehen an der Art wie Jesus wieder aus dieser Welt hinausbefördert werden sollte.

Und dennoch ist er lebendig bis heute. Und das ist auch sehr notwendig, denn der Friede ist noch nicht zu einem allgemein erfahrbaren Zustand geworden. Nach wie vor gibt es viele Kriege, nach wie vor leben Menschen in Streit und Hass, nach wie vor wird betrogen, ausgebeutet, ausgenutzt, hintergangen, nach wie vor werden Menschen versklavt, verkauft. In der Gier nach immer mehr werden Grenzen – staatliche und menschliche übergangen. Wo ist die neue Gesellschaftsordnung des Kindes? Hört jemand auf dieses Kind von Bethlehem? Ist es im Sinn dieses Kindes, wenn Menschen versuchen mit Bomben und Raketen Frieden zu machen? Ist es im Sinn des Kindes, wenn 1/5 der Menschheit auf Kosten von 4/5 in Reichtum und Wohlstand leben? Ist es im Sinn dieses Kindes, wenn Kinder zu perversen Sexspielen missbraucht und getötet werden? Ist es im Sinn dieses Kindes, wenn Menschen wegen ihrer Herkunft oder ihrer Hautfarbe unterdrückt und verachtet werden? Noch viele Fragen könnten wir stellen und es würde kein Ende sein mit der Not vieler Menschen.

Das soll uns nicht entmutigen, denn das Kind lebt. Gerade jetzt feiern wir seine Geburt in unseren Herzen. Wir werden seine Züge annehmen und zu Friedensbringern werden. Wir lassen uns ein auf ein Leben das immer wieder fragt: wie würde das Kind von Betlehem an meiner Stelle handeln?

Dazu sollen wir wissen, wie Kinder denken über die so wichtigen Dinge der Welt. Kinder denken eindeutig, klar, auch wenn sie es oft nicht so ausdrücken können, weil unsre Sprache zu kompliziert ist.

Das Kind lebt. Das Kind bringt den Frieden und die Gerechtigkeit. Nehmen wir die Gaben dieses Kindes an, so wie wir die Gaben annehmen, die wir unter dem Christbaum gefunden haben. Tragen wir die Gaben des Kindes hinaus in die Welt, dorthin wo wir wohnen, essen, arbeiten, lernen und unsere Freizeit verbringen. Unsere Gesellschaft braucht die Gaben des Kindes von Betlehem. Frohe Weihnachten!