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Lk 6,27-38

7. Sonntag im JK / Lesejahr C

Finde die Liebe

Liebe Christinnen und Christen!
Jesus hat ein Problem mit den Gläubigen. Sie hören ihm demütig zu und kennen sich mit den Geboten und Vorschriften sehr gut aus, doch sie lassen ihn nicht an sich heran. Sie möchten sich von ihm nicht ihrer religiösen Sicherheit berauben lassen. Auch wenn das was er sagt in vielen Bereichen einsichtig und greifbar ist. Aber eine Gott gegebene Ordnung darf nicht gestört werden. Die Wächter des Glaubens sehen in seinen Gedanken, Worten und Taten eine Gefahr für das Heil der Menschen.
Kommt uns das vielleicht irgendwie bekannt vor? Sind wir glaubenden Christen nicht oft in ähnlichen Situationen? Wir meinen zu wissen was wahr und was recht ist und dort wo wir uns nicht auskennen haben wir unsere Schriftgelehrten und das unfehlbare kirchliche Lehramt. Unser Glauben und Feiern läuft in geregelten Bahnen ab. Wir haben alle Steine des Anstoßes erfolgreich entsorgt.
Irgendwie stört uns dieser Jesus mit seiner Unzufriedenheit. Wir sind eine so tolle Pfarrgemeinde:
Wir lieben einander. Wir sind freundlich zueinander. Wenn jemand, der wirklich arm ist, finanzielle Unterstützung braucht, geben wir sie ihm. Was macht diesen Jesus von Nazareth so unzufrieden.
Kann es sein, das ihm ein durchschnittlicher Glaube, bei dem am Ende noch ein Stück Himmelreich herausschaut, nicht reicht? Kann es sein, das ihn unsere Gebete und unsere Frömmigkeit nerven? - Damals war es jedenfalls so.
Ohne irgendein milderndes Wenn und Aber mutete Jesus seinen Zeitgenossen und mutet Jesus uns zwei Dinge zu:
Erstens sollen die Feinde geliebt werden, die das auch wirklich sind, als hassende, verfluchende und misshandelnde Menschen. Jesus spricht nicht von bloßen Meinungsgegnern.
Zweitens nimmt Jesus der Liebe alle Voraussetzungen weg. Er macht sie auf einem Bein stehen. Für gewöhnlich rechnen wir wenigstens mit einem Funken Liebenswürde bei den Menschen, denen wir uns irgendwie liebend zuwenden, und erwarten, dass auch irgendetwas zurückkommt. Jesus räumt das alles weg mit der Bemerkung: Das ist das normale Rechnen mit Liebesleistung und Liebesgegenleistung, damit bist du noch längst nicht im wirklichen Vorgang Liebe. Der fängt erst dort an, wo sie ganz voraussetzungslos geworden ist, wo sie wirklich lebt und handelt ohne die geringsten Erwartungen.

Der Mensch der den Weg Jesu geht sollte es nach Lukas fertig bringen, aus dem Verhältnis von Liebe und Gegenliebe auszusteigen, um die Liebe allein zu versuchen. Das ist ein Vorschlag, der alles durchbricht, was an menschlichen Verhaltensweisen bekannt ist. Lukas kann dafür nur ein einziges Orientierungsbeispiel nennen, und es ist nicht im Zusammenhang der Menschenwelt zu finden: er nennt Gott. So lieben wie Gott, der nichts voraussetzen muss, in dessen Zuneigung das Geliebte selbst hervorgebracht wird, schöpferisch lieben also, nicht nur als Reaktion auf empfangene Liebe.
Ein starkes Stück, das Jesus da von uns, seinen Jüngerinnen und Jüngern erwartet.
Fordert Jesus von uns die komplette Selbstaufgabe oder gar die Selbstzerstörung? Wie ist er mit seinen eigenen Forderungen umgegangen?
Das Versprechen am Kreuz: Heute wirst du mit mir im Paradies sein! (Lk 23,43) gilt nur dem Räuber auf der rechten Seite, dem ein gutes Wort für dich eingefallen ist, nicht dem linken, der dich beschimpft hat.
Hier ist der springende Punkt. Du kannst einem Menschen alles zu Füßen legen, sogar dein eigenes Leben, wie Jesus, doch du kannst keinen Menschen damit zu etwas zwingen. Du kannst dir für das was du an Gutem tust kein Gegengeschäft erwarten - Meine Liebe für deine Umkehr - das funktioniert nicht - und das will uns Jesus mit dem heutigen Evangelium ganz eindringlich sagen. Wir glauben und lieben nicht um etwas damit zu erreichen. Darum lasst uns heute fröhlich sein über diese gute Botschaft. Der Beginn der Liebe lässt sich nirgendwo befestigen - nicht an der Schönheit des anderen, nicht am Reichtum und auch nicht an der Armut des anderen, nicht an deinem Benehmen, nicht an deinen Gebeten, nicht an der Zahl deiner andächtig gefeierten heiligen Messen. Die Liebe beginnt dort wo noch nichts ist. Liebe ist Leben, Liebe ist Ewigkeit. Liebe kann nicht sterben, sonst hätte es sie nie gegeben.
Wir glauben und lieben um Gott ähnlich zu werden.
Um diesem Evangelium, das wir heute gehört haben, nahe zu kommen, versuche die Liebe in deinem Leben zu entdecken, heute und alle Tage deines Lebens.